Jung, DMS & Sie! - Oktober 2022
Warum und wann kamen Sie als Versicherungsökonom dazu, sich mit der Transparenz von Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche zu befassen? Das wurde mir schon in die Wiege gelegt, weil mein Va- ter Förster war und immer vom Dauermischwaldkonzept geschwärmt hat. Dann hatten wir in den 80er-Jahren sauren Regen im Harz, was zu einem dortigen Waldsterben geführt hat. Das hat mich damals sehr beschäftigt. Als ich dann 2001 bei meinem damaligen Arbeitgeber gefragt wurde, ob ich neben dem Versicherungsresearch auch das Nachhaltig- keitsresearch verantworten möchte, konnte ich nicht Nein sagen. Aber parallel entwickelte sich bei mir die Passion für Rechnungslegungsstandards und andere Reportingfragen. Als dann die ersten CSR- bzw. Nachhaltigkeitsberichte von Versicherern erschienen, musste ich die einfach analysieren und miteinander vergleichen. Wie beurteilen Sie die Anstrengungen der deutschen Versicherungsbranche in Sachen Nachhaltigkeit? Wo gibt es Verbesserungspotenzial? Mit unserem Ranking haben wir einen guten Anstoß gege- ben, grüner zu werden. Gerade im letzten Jahr konnten wir einen regelrechten Wettbewerb unter Versicherern sehen, nachhaltiger zu agieren und bessere Informationen zu geben. Nachdem das Thema "Eigene Nachhaltigkeitsbemü- hungen" schon gut verinnerlicht wurde, geht es jetzt an die Jung, DMS & Sie! / MENSCHEN&MACHER Menschen & Macher Kapitalanlagen und dann an die Kunden. Auch auf Letztere können Versicherer einen positiven Einfluss ausüben. Da ist noch viel Spielraum. Lässt sich der oft gehörte Vorwurf des „green washing“ aus Ihrer Sicht entkräften und wenn ja, mit welchen Argumenten? Ja, das geht aus meiner Sicht. Es gibt ein zwar unfertiges, aber doch verbindliches Regelwerk in der Europäischen Union: die EU-Taxonomie. Hieraus lässt sich mittels Zahlen genau festlegen, welche Aktivitäten als nachhaltig anzu- sehen sind. Bisher sind nur zwei von sechs Umweltzielen festgelegt: die Vermeidung von Klimawandel und die An- passung an Klimawandel. Der Schutz von Wasserressour- cen, Vermeidung von Umweltverschmutzung, Förderung der Zirkularwirtschaft und die Förderung von Biodiversität stehen noch aus, sollen aber bald konkretisiert werden. Das gibt klare Anhaltspunkte, an denen wir auch unsere Versi- cherungsproduktsiegel ausrichten. Hierzu prüfen wir jeden Nachhaltigkeitsbericht der Investments. Was unternehmen Sie privat in Sachen Nachhaltigkeit? Als Triathlet fahre ich möglichst häufig mit dem Rad die 50 Kilometer zur Arbeit, mein Audi fällt fast auseinander und ich betreibe einen Waldfonds, der den Traum im Waldbau meines Vaters realisiert. „Da ist noch viel Spielraum“ Der promovierte Versicherungsökonom Dr. Carsten Zielke machte sich nach mehr- jährigen Stationen unter anderem bei der WestLB und der Société Générale 2013 selbstständig und gründete die Zielke Research Consult GmbH. Das auf unabhängige Versicherungsanalyse spezialisierte Institut veröffentlicht gemeinsam mit MORGEN & MORGEN regelmäßig ein Nachhaltigkeits-Ranking für die Versicherungsbranche. 13 Oktober 2022
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