Jung, DMS & Sie! - Oktober 2022
Weintrauben sind extrem empfindlich gegenüber klimati- schen Veränderungen, insbesondere was die Temperaturen betrifft. Das macht sie besonders interessant für Prognosen zu den Folgen des Klimawandels und der entsprechenden Entwicklung von Anpassungsstrategien. Forscher der Universität von Alcalá in Spanien und der Universität von British Columbia in Kanada studierten elf beliebte Rebsor- ten und untersuchten Aufzeichnungen von 1956 bis 2015 zu Knospenbildung, Blüte und Reifung dieser Rebsorten. Anschließend kombinierten sie diese Daten mit globalen Pflanzungsdaten und Temperaturaufzeichnungen von 1880 bis 2013. Daraus entwickelten sie Modelle für verschiedene Szenarien der globalen Erwärmung. Geänderte Temperaturen zwingen zum Sortenwechsel Das Ergebnis: Bei einem Temperaturanstieg von zwei Grad werden die für den Weinbau geeigneten Regionen weltweit um 56 Prozent schrumpfen; bei einem Anstieg von vier Grad wäre es gar auf 85 Prozent der Flächen nicht mehr möglich, gute Weine zu produzieren – wenn sich die Winzer nicht umstellen. Die Forscher empfehlen daher, dass die Weinbauern andere Sorten anbauen sollten, die besser zu den neuen klimatischen Bedingungen passen. Eine derarti- ge Anpassung könnte bei einer Erwärmung von zwei Grad beispielsweise dafür sorgen, dass nur noch 24 Prozent der Anbaugebiete verloren gingen. Für das französische Burgund schlagen die Forscher etwa den Anbau von hitzeliebendem Mourvèdre oder Grenache statt Pinot noir vor, in Bordeaux könnte der Mourvèdre Ca- bernet Sauvignon und Merlot ersetzen. Kältere Anbaugebie- te wie Neuseeland, der pazifische Nordwesten der USA und auch Deutschland würden hingegen das Zwei-Grad-Szenario relativ unbeschadet überstehen. Gewinner des Klimawandels Dort könnten künftig wärmeliebende Sorten wie Merlot oder Grenache angebaut werden. Und solche Rebsorten, die kältere Temperaturen bevorzugen, könnten in Gebieten an- gepflanzt werden, die derzeit noch gar nicht für den Weinan- bau geeignet sind. Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstituts, sieht die deutschen Weinerzeuger daher als „Gewinner des Klimawandels“. So würde die zunehmende Erwärmung höhere Reifegrade der Trauben bewirken, was letztendlich zu besseren Weinqualitäten führe. Die Weinbauzonen in Europa sind in drei Hauptkategorien unterteilt: A, B und C. In Deutschland finden sich nur die kühle Weinbauklimazone A und die mild-warme Klimazone B, zu der hier allerdings bisher nur das Anbaugebiet Baden gehört. Bis 2030 dürften viele Regionen dazukommen. (Quelle: Schloss Wackerbarth) Zone B Zone B Zone A Zone A Jung, DMS & Sie! / STYLE 43 Oktober 2022
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