Jung, DMS & Sie! - Ausgabe März 2017 - page 13

Jung, DMS & Sie! / Wissenswert
auch ein lukratives Geschäftsmodell
werden könnte. Schlussendlich ist da-
mit ja kein Mensch mehr verantwort-
lich für eine Entscheidung, sondern nur
ein Modell. Um ganz ehrlich zu sein:
Bestimmt nicht meine Welt. Es ist wie
beim Autofahren: Ich möchte ein Auto
gerne noch lenken und eben nicht vom
Auto gelenkt werden. Dennoch ist der
Trend klar …
Freier Beratermarkt vs. Banken. ­
Wo sehen Sie Chancen?
Wohin geht der Trend? Warum?
Wie gesagt, Robo Advisors könnten,
aufgrund von künftigen Regularien,
durchaus kurzfristig profitieren. Nur
wird es meiner Meinung nach nicht auf
Dauer funktionieren. Sieht man mal
vomWirtschaftswachstum ab, sind
Aktien und ganz bestimmt die deriva-
tiven Produkte ein Nullsummenspiel.
In anderen Worten: Es kommen auf
50Prozent Gewinner immer 50
­
Prozent
Verlierer. Diese mathematische Not­
wendigkeit wird auch kein Computer­
programm aus der Welt schaffen kön-
nen. Und Hand aufs Herz: Wenn Sie
ein quantitatives Modell hätten, das in
allen Marktsituationen funktioniert,
würden Sie es mir verkaufen?
Ich glaube eher nicht.
Sie managen mit den Fonds Prévoir
Gestion Actions (FR0007035159) einen
europäischen Mittelstandsfonds. Welche
Länder und Branchen sind sonst inter-
essant für Sie im Jahr 2017?
Der Fonds „Prévoir Gestion Actions“
ist mein Flagship Fund, der, im
Gegensatz zum Fonds „Prévoir Per-
spectives“, in Firmen mit über 1 Mrd.
Euro an Kapitalisierung investiert.
Auch bei diesem Fonds betreibe ich ein
Stock­picking. Durch Herkunft und
Kenntnisse bin ich besonderes mit dem
deutschen Mittelstand verbunden und
­investiere insbesondere in familienge-
führte sowie exportorientierte Unter-
nehmen. Allerdings beschränke ich
mich nicht nur auf den deutschen Mit-
telstand, sondern runde ihn geografisch
mit Norditalien, Frankreich, Benelux
sowie den skandinavischen Ländern
ab. Aufgrund der Beschränkungen hier
in Frankreich bin ich gezwungen, nur
in Firmen zu investieren, die ihren Sitz
in der Eurozone haben. England sowie
die Schweiz fallen somit, bis auf eine
Toleranz von 10Prozent des Fonds-
volumens, als Investmentländer aus.
Ich denke aber, dass im Jahre 2017 der
französische Markt gut funktionieren
könnte unter der Voraussetzung, dass
die Präsidentenwahlen imMai keinen
extremen Präsidenten hervorbrin-
gen. Diesbezüglich bin ich allerdings
zu­versichtlich. Europäische Aktien
­sollten, vor allem von der Bewertungs-
seite her, den US-amerikanischen
Werten überlegen sein und auch die
politische PR eines Präsidenten Trump
wird sich über kurz oder lang abnützen.
Makler fürchten sich vor der Konkur-
renz durch Fintech. Sehen Sie Robo
Advisory als Konkurrenz für sich und
Ihren Berufsstand der Fondsmanager?
Ganz klar: Nein. Ich bin jetzt seit über
25 Jahren Fondsmanager und mir
sind die Statistiken bekannt, wonach
nur 10 bis 20Prozent der aktiven
Manager ihre jeweilige Benchmark
­outperformen. Ich frage Sie nur: Wie
viele Manager gibt es, die einen Fonds
länger als fünf Jahre managen? Darin
liegt das Problem: Fehlende Nachhal-
tigkeit. ETFs haben aber sicher eine
Daseinsberechtigung und fordern die
Fondsmanager schon heraus. Leider
sind die meisten Fondsmanager in
einen Prozess der Investmententschei-
dungen gezwungen, welcher üblicher-
weise ­Investment-Komitee genannt
wird. Dies kann meines Erachtens
nicht auf Dauer funktionieren. Ich
brauche (überwachte) individuelle Ver-
antwortlichkeiten. Jeder Fonds sollte
eine persönliche und unverwechselbare
DNA haben. Hätten in der politischen
Welt Komitees funktioniert, wäre die
UdSSR heute noch eine Weltmacht.
// Petra Walter
im Gespräch mit Armin Zinser
und der Austausch mit demManage-
ment der Firma.
Wann sind Sie auf den Digitalisie-
rungstrend als Investmentmöglichkeit
erstmals aufmerksam geworden?
Nun gut, ich war schon immer ein
Technikfreak und fasziniert von den
Möglichkeiten, die uns die digitale Welt
eröffnet. Immerhin sollten ja als Er-
gebnis der Digitalisierung einfache und
benutzerfreundliche Prozesse, die Mög-
lichkeit der papierlosen Abwicklung,
kurze Reaktionszeiten sowie ein hohes
Maß an Flexibilität stehen. Die jüngere
Generation hat dies bereits ­erkannt,
wobei sich die ältere Generation, zu der
ich mich auch zähle, dann doch noch
etwas schwertut. Aber selbst ich kann
mich kaum noch daran erinnern, wann
ich z.B. das letzte Mal in meiner Bank-
filiale war. Nichtsdestoweniger sollte
man aber auch auf die Gefahren hin-
weisen, die bestehen, sollten die Daten
in falsche Hände kommen, sowie die
Abhängigkeit, die auf uns ­zukommt.
Deshalb bleibe ich auch bei aller
Digitalisierung weiterhin ein großer
Fan von z.B. Bargeld, welches für mich
gelebte Freiheit bedeutet. Trotzdem,
um auf die JDC Gruppe zurückzukom-
men, ist meiner Meinung nach deren
Geschäftsmodell das resolut zukünftige
und wird die ehemaligen Dinosaurier,
sprich die klassischen Vertriebswege
Banken und Versicherungswelt, in
nicht zu ferner Zukunft ablösen.
Digitalisierung. Fintechs. Apps. Robo
Advisor. Sind das für Sie interessante,
nachhaltige Zukunfts- und Investition­
sthemen bzw. was erwarten Sie von
diesem Markt?
Interessante Frage. Zukünftig wird
es wohl beide Sorten geben. Wobei
Fintechs ja eher der Abwicklung
bzw. Vereinfachung dienen. Und ja,
­Fintechs, Apps bzw. Plattformen sind
die Zukunft. Ganz anders sieht es aus
mit dem Robo Advisor – den halte ich
an sich noch für einen gewissen Marke-
tinggag. Ich bin mir aber nicht sicher,
ob im Rahmen der auf uns zukommen-
den Regulierung (MiFID II) dies nicht
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